Gerade jetzt, weil die Pandemie schon über ein Jahr dauert, wir schon das zweite Osterfest erleben, an dem wir unseren früher gewohnten Familienbesuchen, Festen und Unternehmungen nicht oder nur sehr eingeschränkt nachgehen können, kippt die Stimmung. Vielleicht fragen Sie sich, ob das noch normal ist?
Wir Menschen als „Herdentiere“ erleben die Kontakt-Beschränkungen als schmerzlichen Verlust. Dazu kommen vielleicht finanzielle Sorgen, Kurzarbeit, der Verlust des Arbeitsplatzes oder gar der Verlust eines Menschen. Wir sind traurig, wütend, unsicher und gereizt. Diese Gefühle und Empfindungen wollen und sollen angemessen ausgedrückt werden! Das ist gesund und völlig in Ordnung.
Wenn aber die Fähigkeit zur Freude an sich verloren gegangen ist, die Stimmung durchgehend gedrückt ist auch bei Tätigkeiten, die früher gerne ausgeübt wurden, wenn der Antrieb vermindert ist, wenn schon kleine Anstrengungen ermüden, wenn Konzentration und Aufmerksamkeit nachgelassen haben, Schlafstörungen auftreten, wenn Schuld- und Wertlosigkeitsgefühle, Hoffnungslosigkeit auftreten, ein quälendes Gefühl der Gefühllosigkeit auftritt, vielleicht weitere Symptome wie Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust dazu kommen, muss das unbedingt ernst genommen werden. Dauern diese Symptome unvermindert mindestens zwei Wochen an, ist professionelle Hilfe angezeigt.
Erster Ansprechpartner ist in der Regel die hausärztliche Praxis. Denn es muss zunächst abgeklärt werden, ob es körperliche Ursachen für die Beschwerden gibt. Erst wenn diese ausgeschlossen sind, wird ärztlicherseits die Diagnose einer Depression gestellt. Je nachdem, ob eine leichte, mittlere oder schwere Depression vorliegt, wird entweder nur eine Psychotherapie verordnet bzw. empfohlen oder zusätzlich Psychopharmaka verordnet. Einer leichten Depression liegen oft nicht bewältigte Konflikte zugrunde, welche in einer Psychotherapie bearbeitet werden müssen. Neben aktuellen Konflikten können das ganz alte Geschichten sein, welche bisher erfolgreich abgewehrt werden konnten und nun in der aktuellen Situation, wo viele Ablenkungen weggefallen sind, immer drängender zutage treten. Daher ist hier die alleinige Psychotherapie meistens die beste Wahl.
Bei schweren Depressionen und teilweise bei mittelschweren Depressionen ist das anders. Hier ist meistens der Hirnstoffwechsel so durcheinander, dass ärztlicherseits Psychopharmaka verordnet werden müssen. Eine Psychotherapie ist dann nicht ausreichend bzw. kann erst begonnen werden, wenn sich der Zustand etwas gebessert hat. Zu beachten ist dabei, dass die Medikamente auch während einer Psychotherapie entsprechend der ärztlichen Verordnung weiter eingenommen werden müssen und die Medikation ohne ärztliche Rücksprache nicht geändert oder abgesetzt werden darf, auch wenn sich die behandelte Person besser fühlt – ansonsten droht ein Rückfall.
Manchmal gibt es Probleme bei der Behandlung und es ist nicht klar, ob das angewendete Psychotherapieverfahren ungeeignet ist oder die behandelnde Person nicht erfahren genug ist, ob das ärztlich verordnete Medikament nicht anschlägt oder ob die Gesamtumstände so schwierig sind, dass mehr Zeit benötigt wird. Dann kann ein Austausch zwischen den verschiedenen behandelnden Personen sinnvoll sein und zur Klärung beitragen. Ein solcher Austausch darf aber nur erfolgen, wenn diese hierfür durch den Patienten von ihrer Schweigepflicht entbunden wurden.
Insgesamt ist eine Depression eine schwere, aber dennoch gut behandelbare Krankheit. Manchmal verläuft sie in mehreren Phasen und es sind dementsprechend mehrere Behandlungen notwendig. Wenn also eine Depression wiederkommt, muss das nicht bedeuten, dass die vorherige Behandlung nicht angeschlagen hat, sondern liegt eher in der Natur der Krankheit. Die Behandlung sollte dann erneut aufgenommen werden.