Trauer ist der seelische Schmerz über einen Verlust. Sie verläuft in verschiedenen Phasen von Schockphase, akzeptieren des Verlusts, verarbeiten des Schmerzes, sich anpassen an eine Welt ohne die verstorbene Person und Aufbruch in ein neues Leben, in dem eine innerliche dauerhafte Verbindung zur verstorbenen Person ihren Platz haben darf. Während der Trauer treten z.T. heftige, quälende Gefühle der Betäubung, gedrückte Stimmung, Stimmungsschwankungen, Angst, Ärger, Wut und Verzweiflung auf. Das Verhalten ist anders als sonst und kann von Überaktivität oder Rückzug geprägt sein. All dies ist völlig normal und bedarf keiner Behandlung.
Anders bei der traumatischen Trauer. Hier ist der natürliche Trauerprozess blockiert. Er kommt entweder erst gar nicht in Gang oder bleibt mittendrin stecken und findet auch nach Jahren noch kein Ende. Trauma bedeutet seelische Verletzung, die von einem Ausnahmezustand, ausgelöst durch überwältigende Ereignisse, herrührt. Das kann der Fall sein bei Unfällen, grausame Gewalt, Mord, Krieg, Suizid. Schwierig ist auch, wenn es keinen bewussten Abschied gab oder wenn Hinterbliebene sich stark mit der verstorbenen Person identifiziert hatte (bei symbiotischer Beziehung stirbt ein Teil des eigenen Selbst mit). Hier gelingt es manchmal auch nach längerer Zeit nicht, den Tod zu akzeptieren und die anfänglich normale, akute Belastungsreaktion chronifiziert sich, es kommt zu einer anhaltenden Trauerstörung mit ungewöhnlich langer Beschäftigung mit dem Tod und so starkem emotionalem Schmerz, dass die überlebende Person in wichtigen Lebensbereichen beeinträchtigt ist. Die Betroffenen leiden unter Symptomen der PTBS (Posttraumatisches Belastungssyndrom) mit Flashbacks bzw. unwillkürlichem Wiedererleben, Alpträume, Vermeidungsverhalten, Schlafstörungen, übermäßige Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Wachsamkeit und Schreckhaftigkeit, Schuldgefühle.
Anhaltende Trauerstörung bedeutet nicht, dass sie ein lebenslanges Schicksal sein muss. Vielmehr gibt es eine Reihe von gut wirksamen Behandlungsmöglichkeiten. Das therapeutische Gespräch wird ressourcen-orientiert geführt. Das bedeutet, dass der Fokus auf den Ressourcen und den Bewältigungsstrategien liegen und der traumatische Verlust keinen großen Raum einnimmt. Dadurch wird Gefahr von Flashbacks und einer Retraumatisierung minimiert und der Weg zur Bewältigung des Ereignisses gebahnt. Es wird großen Wert auf Stabilisierung gelegt und sie ist Voraussetzung, um den traumatischen Verlust bearbeiten zu können. Zur Stabilisierung stehen jede Menge Werkzeuge zur Verfügung:
- Psychoedukation: Aufklärung, was im Gehirn passiert „Notfallmodus“
- Imaginationsübungen: z.B. Wohlfühlort
- Timeline (Zeitlinie): Stärken, Fähigkeiten, die in der Vergangenheit geholfen haben und die wieder aktiviert werden können
- Dissoziationsstops: Reorientierung in Raum und Zeit wenn „weggedriftet“
- Körperarbeit: z.B. Tapping, Klopfen langsam zum Ressourcen zu verankern und immer beidseitig, um beide Gehirnhälften zu aktivieren
- Atemübungen, Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training
- Ressourcenkreis: benennen, auf Karte schreiben und draufstehen, dann sich einfühlen
- Umgang mit Schuldgefühlen: unterscheiden tatsächliche / gefühlte Schuld
- …
So kann allmählich Ruhe einkehren, der Verlust in das Leben integriert werden, das Leben wieder in die Hand genommen werden.