Internetsucht

Internetsucht gehört zu den nicht substanzgebundenen Süchten wie auch die Spielsucht an Automaten und in Wettbüros. Anders als bei substanzgebundenen Süchten wie z.B. Alkoholsucht kann keine Abstinenz vom Suchtmittel angestrebt werden, denn das Internet ist im Alltag nicht mehr wegzudenken. Wie aber dann die verloren gegangene Kontrolle wieder zurückgewinnen? Im Artikel „Zocken gegen die Einsamkeit“ der Stuttgarter Zeitung vom 26.06.2021 wird ein Ampelsystem (Rot, Gelb, Grün) in der Therapie als ein einfaches, sich leicht zu merkendes und gerade deshalb wirksames Werkzeug empfohlen, um die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen. Rot sind etwa Videospiele, Gelb sind Social Media-Aktivitäten und grün die Internet-Recherche zu einem bestimmten Thema für Schule, Studium und Beruf. Gleichwohl ist das Rauskommen aus der Internetsucht nicht einfach. Der im Artikel geschilderte Patient erlitt trotz mehrerer Therapien einen Rückfall. Das Phänomen häufiger Rückfälle ist mir von den substanzgebundenen Süchten wie z.B. der Alkoholsucht her bekannt und sollte nicht vorschnell als gescheiterte Therapie abgetan werden, sondern eher als Aufforderung, das bisher Gelernte in einer erneuten Therapie zu wiederholen und zu vertiefen. Für Betroffene und Angehörige ist wichtig zu wissen, dass oft mehrere Anläufe nötig sind und sie die Hoffnung nie aufgeben sollen. Die Therapie kann durch den regelmäßigen Besuch einer Selbsthilfegruppe ergänzt werden, und falls es (noch) keine in der Nähe gibt, kann selbst eine gegründet werden. Gerade dies zeugt von Eigeninitiative und Kontaktwünschen und das sind gute Voraussetzungen für eine positive Zukunft. Eventuell könnte noch angeschaut werden, wie als Kind die familiären Beziehungen und das soziale Umfeld waren und ob evtl. noch Trauerarbeit wegen nicht oder nicht ausreichend gestillten Bedürfnissen geleistet werden muss (da bin ich etwas altmodisch unterwegs). Verstehen, vergeben (anderen und/oder sich selbst!) und wo immer möglich Versöhnung sind für mich wichtige Aspekte. Das hat viel mit Loslassen zu tun, dann darf auch die Sucht gehen.