Resilienz – Schutzschirm für die Seele

endlich einmal fiel mir ein Artikel über Resilienz in die Hände, welcher das beliebte, angesagte, aber auch reichlich überstrapazierte Thema Resilienz vom mythologischen Himmel der angeblich beliebig und grenzenlos formbaren Psyche auf die irdische Ebene holt. Sehr gut gefiel mir der geschilderte globale, breitgefächerte und langfristige Ansatz. Schließlich geht es um das Zusammenspiel von Anlagen, Umwelt und langjährigen Erfahrungen. Ein einzelner Vortrag, Kurs oder Workshop kann bestenfalls Anregungen geben und ein nützlicher Baustein hin zu mehr Widerstandskraft sein, diese aber keinesfalls vollumfänglich herstellen, so als ob einem nie (wieder) etwas anhaben könnte. Auch der Hinweis auf den Unterschied zwischen Resilienzförderung und Stressprävention ist sehr nützlich, da diese beiden Begriffe immer wieder durcheinanderpurzeln.

Besonders wertvoll fand ich, dass die Autorin auch auf das Stigma einging (welchem leider bestimmte Bevölkerungsgruppen immer noch und immer wieder ausgesetzt sind – der Artikel bezog sich auf hörgeschädigte und gehörlose Menschen) und klarstellt, dass die Auswirkungen von Stigmatisierung nicht vollständig durch eine gute Resilienz abgemildert werden können. Denn das hätten Betroffene ja gerne, eine Art „seelisches Rezept“, das sie so stärkt, dass ihnen auch noch die übelsten Herabwürdigungen, Ausgrenzungen und Beleidigungen nichts mehr anhaben können oder – wenn wir auf der beratenden und/oder therapeutischen Seite sind – wir unseren Klient*innen einfach nur die „Heile-heile-Segen-Pille“ verabreichen müssten und schon wäre alles gut. Aber die Autorin, die Psychologin Frau Johnson, tut uns diesen Gefallen nicht und das ist gut so. Den ausführlichen Artikel finden Sie in der Fachzeitschrift Spektrum Hören Nr. 6 November/Dezember 2021 ab Seite 48. Ich kann Ihnen diesen Artikel nur wärmstens empfehlen.